Ziel dieses Beitrages ist es, einige Aspekte aufzuzeigen, die
den Umgang mit jungen chronischen Patienten so schwierig machen
können und Möglichkeiten zu diskutieren, wie diesen Schwierigkeiten
begegnet werden kann.
Ein möglicher, langwieriger Weg, bei dem wir Therapeuten immer
wieder Rückschläge in Kauf nehmen müssen, ist meiner Meinung nach,
diesen schwierigen jungen Patienten mit Gelassenheit zu begegnen,
ohne zu moralisieren und sich in allzu große Machtkämpfe einzulassen.
Wir sollten vielmehr versuchen, sie mit einer wohlwollenden Haltung
zu begleiten, bis sie ohne größeren Schaden aus diesem schwierigen
Alter herausgewachsen sind. Dabei sollten wir den Ängsten und
der Ambivalenz der Patienten Rechnung tragen und immer wieder
reflektieren, was uns eigentlich in den Augen der jungen chronischen
Patienten so schwierig macht. Dies mag am gesellschaftlichen Auftrag
der Psychiatrie liegen, eine gewisse Ordnungsfunktion zu übernehmen
(Simon 1982), an der ungenügenden Kommunikation, Koordination
und Kooperation innerhalb des Betreuersystems, an der Schwäche,
genügend klare und konsequente Haltungen einzunehmen und/oder
an unserem Verstricktsein in den Teufelskreis der Hilflosigkeit
und den daraus resultierenden negativen Gegenübertragungsgefühlen.
Meist sind es genau diese negativen Gefühle, die wir erleben,
welche der Patient durch sein für uns so schwierige Verhalten
zu vermeiden versucht. Diese Gefühle auszuhalten ist schwer. Dennoch
müssen wir immer wieder von neuem dagegen ankämpfen, die uns diese
Gefühle vermittelnden Patienten loszuwerden, sondern im Gegenteil
ihnen als konstante Bezugsperson oder Langzeitbetreuerteam zu
Verfügung zu stehen, damit sich langsam ein Vertrauensverhältnis
aufbauen kann, und beide Seiten einander nicht mehr als ganz so
schwierig erleben.
27.10.97/hb